Man muss sich
erst mit diesem eigenwilligen Atem synchronisieren, denn der musikalische Fluss
in vielen Werken der rumänischen Komponistin Violeta Dinescu hebt zwar mit
großer Sogwirkung in mystische Sphären ab, ist aber andererseits viel zu
komplex, als das hier irgendetwas zur gefälligen Kulisse taugen würde. Die
„Dialoge“ auf der gleichnamigen neuen CD mit dem rumänischen Trio Contraste
ziehen den Hörer aber letztendlich zuverlässig in ihren Bann. Seit den
1980er Jahren in Deutschland lebend, ist Violeta Dinescu prägend für die
musikalische Avantgarde in ihrer Heimat gewesen. Die neue CD präsentiert zudem
ihr großes Vorbild, die 1997 verstorbene Professorin Myriam Marbe. Und es wird
einem nicht vorenthalten, auf welch fruchtbaren Nährboden dieses erstaunliche
Erbe fällt, wenn Roberto Reale seine eigene, junge Klangsprache daraus formt. Daraus eine
bezwingende Dramaturgie zu schaffen, ist auf dieser CD vor allem die Leistung
des Trio Contraste, dessen Biographie eng mit der Vita Violeta Dinescus
verwoben ist. Auch Ion Bogdan Stefánescu (Flöte), Doru Roman (Schlagzeug) und
Sorin Petrescu (Klavier) haben sich in Rumänien aktiv dem musikalischen
Fortschritt verschrieben, nahmen später auch an den Darmstädter Ferienkursen
teil. In den hier
erlebbaren Dialogen, greifen sie die komplexe wie organische Idiomatik dieser
Kompositionen so denkbar intuitiv und flexibel ausgehört wie nur möglich auf.
Frei fließend wie in einer Zen-Meditation mutet das Flötenspiel von Ion Bogdan
Stefanescu an, der auch das Klangvokabular von nah- und fernöstlichen Musiken
stilsicher erfasst. Als gleichberechtigter Dialogpartner agiert Schlagzeuger
Doru Roman mit seinen Interaktionen, Klangmalereien und Effekten. Pianist Sorin
Petrescu malt Farben, setzt Akzente, akkumuliert Aggregatzustände. Auf diese
Weise lässt uns das Trio Konträres als zwingend aufeinander bezogen erleben.
Mit elektronischen Effekten, die manchmal wie mystische Chöre anmuten, ist
Violeta Dinescus Lytanieae für Britt Gun angereichert. Eine jüngere,
auch pointenreichen melodischen Wendungen nicht abgeneigte Tonsprache
verkörpert Roberto Relaes Pensée en creux, ebenso wie sein mitreißendes Passaggio.
Violeta Dinescu lässt später im würdigen Andenken die Zeitglocken für
ihre Lehrerin Myriam Marbe läuten. Deren neun Haikus sind einmal mehr
ein Statement dafür, dass nicht nur die westliche Kunstmusik in Asien präsent
ist, sondern mindestens ebenso die hellhörige Integration klassischer
fernöstlicher Prinzipien die Musikwelt des Westens bereichern kann. Man muss
nur – wie hier eindrücklich demonstriert - mutig die Fühler danach ausstrecken! Violeta
Dinescu und Myriam Marbe beziehen sich gern auf literarischen Sujets. Die
Klanggesten und Spielfiguren des Trio Contraste werden zu imaginären Akteuren
in Dinescus Schlachtfeld von Marathon. Einen ganz direkten, offensiven
Bezug zwischen Tönen und Sprache stellt Myriam Marbe in ihren Dialogen über
Textfragmente von Christian Morgenstern spielerisch, ja regelrecht dadaistisch
her. Morgensterns pointierte Betrachtungen lösen sich in phonetischer
Lautpoesie auf, auch dies passt gut zu der nicht selten improvisatorisch
wirkenden Spiellust des Trio Contraste. Stefan
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